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Das Unerhörte aussprechen

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Entweder ich habe etwas sehr falsch verstanden, oder der Feminismus – zumindest wie ich ihn wahrnehme – stellt immer noch nicht alle wichtigen Fragen!

Versteht mich nicht falsch, grundlegend ist jede Aktion wichtig, die in der Intension zu mehr Gleichberechtigung führen soll, aber vielleicht geht eine Forderung wie ‚Gleichen Geld für gleiche Arbeit‘ einfach nicht weit genug.

Vielleicht findet der grundlegender Wandel im Denken nicht statt, weil man die unerhörten Dinge unausgesprochen lässt, weil sie so klar, so unantastbar festgeschrieben scheinen.

Vielleicht würde man weiter kommen, würde man den Status Quo nicht als Konstante, sondern als eine von Zufällen erzeugten Momentaufnahme verstehen.

 

In dieser Denkrichtung könnte man dann nicht nur gleiches Geld für gleiche Arbeit, sondern auch eine Antwort auf die Frage fordern, was wir als Gesellschaft unter Arbeit verstehen und ob Arbeit dann immer auch Vergütung für diese miteinschließt?

Denn wenn dem so wäre, wir also Arbeit als eine Tätigkeit definieren, für die man entlohnt wird, sollten wir uns fragen, ob der Haushalt, die Hausarbeit keine Arbeit ist, da sie derzeitig keine Vergütung erfährt? Warum ist das so? Ist Waschen, Putzen Kochen keine Tätigkeit, für die man die Menschen, die sie verrichten, entlohnen sollte, weil am Ende keine Kulturleistung steht? Weil kein Auto, kein Panzer und kein Spielfilm dabei herauskommt?

Das, glaube ich, kann hier nicht der Grund sein, da die Führung des Haushalts natürlich eine Kulturleistung produziert. Nämlich die Bedingung der Möglichkeit des täglichen Lebens. Wer schon mal in einer mehr oder minder funktionierenden WG gewohnt hat, weiß wovon ich spreche und was es bedeutet, den Wasserhahn vor Geschirr nicht mehr zu finden und sich so der Grundlage eines normalen Tagesstarts beraubt zu sehen.

Doch wenn es nicht das am Ende scheinbar fehlende Produkt ist, das der Gesellschaft die Legitimation zu geben scheint, den Haushalt nicht als Arbeit wahrzunehmen, was ist es dann?

Vielleicht müssen wir weiter zurückgehen und die Struktur der Ehe betrachten.

Ja, vielleicht wird die Hausarbeit nicht bezahlt, weil unterschwellig der Haushalt noch immer als eine Tauschleistung von der Frau für den Mann gesehen wird, dass dieser für das Geld verdient und ihr ein Dach über dem Kopf gibt. (Was offenkundig defizitäres Denken ist!)

Aber hier geht es los, hier merkt man doch wie es zu knarzen beginnt, denn so wäre der Haushalt eine Tätigkeit, welche die Frau aus Liebe zum Mann verrichtet und deshalb keine Bezahlung dafür bezieht, beziehen soll.

Dann aber müssen wir uns über Liebe unterhalten, weil es in unserer Gesellschaft durchaus Tätigkeiten gibt, die eigentlich nur aus Liebe stattfinden und dennoch bezahlt werden.

Jede Dame, die ihren Körper verkauft, bietet etwas an, was für Gewöhnlich nur in einer irgendwie gearteten „Liebesbeziehung“ („Liebe“ im Sinne irgend einer zwischenmenschlichen Anziehung) stattfindet.

Es ist demnach nicht konsistent die Führung des Haushalts mit dem Argument unbezahlt zu lassen, dass es eine Tätigkeit sei, die eine Liebesfraktion aufgrund von Emotionen für den anderen ausführt und man so-etwas ja nicht bezahlen sollte, da Prostitution das Gegenargument liefert: Die Reinform einer Tätigkeit aus irgendwie gearteter Zuneigung, wird nämlich hier für Geld feil geboten, wogegen die Mehrzahl der Bevölkerung und die Gesetzgebung wenig zu haben scheint.

Und wenn man die Geschichte zum Abschluss noch von der anderen Seite erzählt, wird es noch unangenehmer, aber eben auch endlich relevant.

Der Beischlaf ist in unserem Wertesystem in mehreren Konstellationen geduldet: Beidseitige Gefühle ohne Bezahlung, einseitige Gefühle mit Bezahlung, beidseitige Emotionslosigkeit mit Bezahlung etc. Sobald jedoch eine oder beide Parteien keine wirkliche Bindung zum anderen haben, muss das Zwischenmenschliche durch Geld ersetzt werden. Ansonsten subsumieren wird den Akt unter den Tatbestand der Vergewaltigung.

Doch wie ist das im Haushalt? Wäre eine Frau, die die Hausarbeit verrichtet, obwohl ihr der Mann schon 15 Jahre zu viel ist nach dieser Sichtweise nicht auch in einer Gewaltsituation, da sie eine Tätigkeit, die eigentlich aus Liebe verrichtet wird, bei der jedoch Emotionen keine Rolle mehr spielen, unentgeltlich verrichten muss?

 

Hier tut es weh und hier merkt man auch, wie man dem Autor gerne unterstellen würde, dass man das mit dem und dem nicht vergleichen könnte. Aber genau diese Reaktion zeigt doch, dass es anfängt zu zwicken, dass sich etwas regt im Inneren und dass der Geist einen Bruch in unserem Denken wahrgenommen hat, den man eben nicht nur mit der Forderung nach dem Binnen-i kitten kann.

Mehr Unanständiges, Unerhörtes, Unsagbares aussprechen, fragen und fordern!

 


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