Viele Menschen, die sich in ihrer Identität der LGBT+ Community zuordnen, müssen immer noch um Akzeptanz in der Gesellschaft und gegen Diskriminierung kämpfen. Sophia schreibt dazu aus der B-Perspektive und zeigt, in welchen Formen sie mit Bifeindlichkeit konfrontiert ist.
Die “noch diskriminiertere” Orientierung?
Angefangen mit Veranstaltungen wie dem Christopher Street Day bis zu Anlaufstellen für Hilfesuchende und wachsende Akzeptanz, das ist die, glücklicherweise, immer toleranter werdende Welt vieler Homosexueller.
Doch was ist mit dem Rest der LGBT Gruppe wenn man das „L“ für Lesbian und das „G“ für Gay außen vor lässt?
Der nächste Buchstabe beschreibt eine Gruppe unter der ich mich selbst verstehe: Bisexuell. Doch ich selbst habe das Gefühl, dass sich teilweise sogar mehr Probleme hinter dieser Identität verstecken können als hinter der einer homosexuellen Person.
Damit möchte ich keineswegs die Probleme des homosexuellen Teils der Gesellschaft herunterspielen, denn das wäre schlichtweg unfair und falsch. Es geht ebenfalls nicht darum in irgendeiner Weise zu beweisen, dass wir „armen Bisexuellen“ es ja so viel schlimmer haben und bemitleidet werden wollen. Ich möchte lediglich die Probleme adressieren, mit denen Bisexuelle täglich im Alltag und auch (vielleicht sogar vor allem) in Internet zu kämpfen haben. Zu ihrem Glück werden Homosexuelle diese wahrscheinlich nie kennenlernen müssen.
Natürlich ist zunächst die allgemeine Nichtakzeptanz die jedes Mitglied der LGBT Gruppe oft kennenlernt ein sehr belastender Faktor. Jedoch müsste man meinen, dass Eltern, Freunde usw. eher mit Bisexualität klarkommen als mit Homosexualität, da man noch immer die „Chance“ auf eine heteronormative Beziehung und Familie mit Kindern hat.
Meine Mutter allerdings hat angefangen zu weinen als ich mich vor ihr (andeutend) geoutet habe, einfach weil es bedeutet, dass ich eventuell irgendwann vielleicht einmal in einer Beziehung mit einer Frau sein könnte, und das nun mal schlichtweg falsch und ekelhaft ist.
Ich bin mir sehr sicher, dass meine Situation keine Ausnahme ist.
Meinen Freunden hingegen hätte es nicht egaler sein können zu welchem Geschlecht ich mich hingezogen fühle oder auch nicht, worüber ich sehr froh bin. Freunde kann man sich glücklicherweise selbst aussuchen. Es wird ja auch nicht umsonst gesagt „Freunde sind die bessere Familie“.
Kommen wir jedoch zu den spezifischen nerv tötenden Aussagen mit welchen sich ausschließlich Bisexuelle regelmäßig herumstreiten müssen:
Du wirst dich noch für eine Seite entscheiden – Bi sein ist nur eine Phase!
Diese Aussage stimmt oftmals und ist auf die Erfahrung vieler Leute mit ihren homosexuellen Freunden und Bekannten zurückzuführen. Viele Homosexuelle outen sich zunächst als Bisexuell aus Unsicherheit oder auch um die Reaktion von Freunden und Familie zu erproben. Wenn diese gut verläuft verstehen sie sich nach kurzer Zeit dann oftmals als offen homosexuell. Dies ist ein sehr verständliches Verhalten. Man hat Angst vor der Reaktion und der potentiellen Abweisung. Allerdings wirft es ein sehr schlechtes Licht auf die bisexuelle Orientierung. Natürlich ist das nicht die Absicht dahinter (zumindest nehme ich das stark an), und trotzdem hat es diesen negativen Effekt.
Ihnen wird sehr häufig unterstellt, dass „Bisexualität nicht existiert“ und sie sich schlussendlich für „eine Seite entscheiden“. Schließlich „läuft es ja immer so ab“.
Dass das unglaublich nervend und beleidigend für die eigene Identität ist muss ich hier wohl kaum erwähnen.
Aber auch nach langer Diskussion und Argumentation gegenüber dem Umfeld und insbesondere wohl der Familie, ist das daraus resultierende Ergebnis oft „Wir reden in einem Jahr nochmal darüber, wirst ja dann sehen, dass das nur ein Hirngespinst war“.
Bisexuelle sind einfach gierig und gehen fremd!
Erstaunlicherweise zeigt sich die meiste Intoleranz gegenüber Bisexuellen nicht von dem heterosexuellen Teil der Gesellschaft, sondern eher von anderen Mitgliedern der LGBT Gruppe. Eigentlich sollten diese Leute am besten wissen wie es ist wegen ihrer Sexualität nicht akzeptiert zu werden. Jedoch würden viele Homosexuelle, nach einigen Umfragen, aus Prinzip keine Beziehung mit einer bisexuellen Person eingehen, aus Angst, dass der Partner fremdgehen würde. Solche Vorurteile sind irrational und leider trotzdem weit verbreitet.
Doch die Angst gegen das andere Geschlecht ersetzt zu werden ist nicht selten. Erfahrungen zufolge ist es kein Einzelfall, dass jemand seine Sexualität austesten möchte und besagte Person sich einmalig mit einer/em Homosexuellen einlässt, ausprobiert und danach zurück zur vorherigen heterosexuellen Beziehung rennt. Daher die häufige Scheu vor Beziehungen mit Bisexuellen.
Allerdings würde man diese Art von Verhalten eher als „bicourious“ anstatt bisexuell betrachten
Allerdings der Aspekt, dass der bisexuelle Beziehungspartner die (körperlichen) Eigenschaften des anderen Geschlechts vermissen könnte und sein Gegenüber „ihnen das nicht geben kann“, ist ein realistischeres Argument gegen eine Partnerschaft, welches oft von Homosexuellen angesprochen wird.
Zum Thema Bisexualität gibt es viele verbreiteten Mythen aber auch gesellschaftswissenschaftliche Studien. Sollte man jedoch seine Informationen von einem Volksmythos beziehen? Kann es denn wirklich eine wissenschaftliche Studie zu einem so persönlichen Thema wie Liebe geben? Fragen über Fragen. Am Ende sollte es jedoch jeder selbst wissen als was er sich sieht, egal was Person A, Person B oder Studie XY sagt.
Schlussendlich ist zu sagen, dass alle Menschen mit und ohne LGBT Identität sich gegenseitig unterstützen sollten, anstatt die Diskriminierung fortzusetzen, vor allem wenn sie diese selbst erleben mussten. Vorurteile sind Teil unserer Gesellschaft und sind nur sehr schwer abzulegen. Doch dieses Ziel weiterzuverfolgen und daran zu arbeiten sollte unsere Zukunft sein. Denn nur so wird es möglich sein in einer toleranten und sozialen Weise miteinander umzugehen. Egal ob Lesbisch, Schwul oder hetero.
Mehr dazu:
- Ein Kurzfilm zu Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung.
- Und noch ein Plädoyer gegen Homofeindlichkeit.